Birgit Kempker
Notice biographique
- Bibliographie -
Ekstasestarr im
Kosmosschlamassel - Sehnsucht im Hyperbett
Notice
biographique |
Birgit Kempker,
geb. 1956 in Wuppertal. Wohnt in Basel.
Birgit Kempker arbeitet mit allen künstlerischen
Mitteln, die Sprache erlauben: nebst Prosa und Essay sind
ihre künstlerischen Eingriffe auch in Ausstellungen zu
sehen, und mit besonderer Vorliebe schreibt sie Hörstücke.
Sie ist Dozentin für Wort und Bild an der Schule für
Gestaltung in Basel und seit 1990 betreut sie das Fach Sprache/Literatur
in der F+F, Kunstschule Zürich.
Werke von ihr sind auch auf dem Internet
abrufbar unter: http://www.xcult.ch/kempker/index.html.
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Bibliographie |
Der Paralleltäter, Zürich, Ammann,
1986.
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In der Allee,
1. Schnee in der Allee / 2. Auch Frieda war jung,
Zürich, Ammann, 1986. |
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Rock me Rose,
Zürich, Ammann, 1988. |
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Dein Fleisch
ist mein Wort, Reinbek, Rowohlt, 1992. |
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neu: Basel
/ Weil am Rhein / Wien, Urs Engeler Editor, 1998. |
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Liebe Kunst,
Graz, Droschl, 1997. |
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Ich will ein
Buch mit dir. Kein Fleisch. Stücke, Compact-Buch,
Prosa plus Hörstück, Basel, Urs Engeler Editor,
1997. |
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Ich ist ein
Zoo / Anleitung fürs Blut, Compact Disc und Booklet
mit zwei Hörstücken, Basel, Urs Engeler Editor,
1997. |
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Als ich das erste
Mal mit einem Jungen im Bett lag, Graz, Droschl, 1998. |
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Übung
im Ertrinken / Iwan steht auf, zwei Hörstücke,
Compact-Buch mit CD, Basel / Weil am Rhein / Wien, Urs
Engeler Editor, 1999. |
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Mike und Jane,
Graz, Droschl, 2001. |
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Meine armen
Lieblinge : altes Ego adieu, Droschl, 2003 |
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Scham : eine
Kollaboration = Shame, U. Engeler, 2004 |
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Sehnsucht im Hyperbett : ein transverfickter Diskurs, Literaturverlag Droschl, 2008 |
Theater + Hörstücke
Der Tiger ist tot, 1. 2. 3. und 16. Tod, SWF
3, 1989.
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Vögel. Fiktiv, Konzert für Stimme und
Percussion, zusammen mit Sylwia Zytynska, Zürich
1994. |
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Ich ist ein Zoo, Radio DRS 2, 1996. |
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Warten auf A,. Kleines Stück, Zürich,
1997. |
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Das Wiepersdorfer Gefühl, Stück für
ein Huhn, Basel 1997. |
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Anleitung fürs Blut, Radio DRS 2, 1997. |
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Übung im Ertrinken, Berlin 1997-1998. |
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Bertie Brab, Ein Stück für jedes Alter,
Braunschweig, 1999. |
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Iwan steht auf, Radio DRS 2, 1999. |
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Schrei nicht
Fliege, Hörstück für die Bühne und
23 Lautsprecher, 2 Navigatoren, 1 Einsagerin, 2 Schauspielern
und 1 Hasen, Zürich 2000. |
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Parzifal und Parzifal cry le beau Cris Babylon,
Saarländischer Rundfunk, 2000. |
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Die Wurzel des freien Radicalen ist Herz, Graz
1999 / Radio DRS 2, Juni 2000 |
Ausstellungen
Engel, Zeichnungen Texte Performance, Kehrwiederturm,
Hildesheim 1984.
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Rock me Rose, Collagen zum Buch, Schaffhausen
1988.
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Vögel. Fiktiv, Raum(installation), Kleines
Helmhaus, Zürich 1994.
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Übung im Ertrinken, Toninstallation, Swiss
Institute, New York 1998.
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Das Wiepersdorfer Gefühl, Raum für
Walter Benjamin und die hiesigen Gänse und Hühner,
Raum mit Rampe, eine akustische Installation mit Bett
und Bildern auf Schloss Wiepersdorf, 1998
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Ekstasestarr
im Kosmosschlamassel |
"Ekstasestarr im Kosmosschlamassel"
Prosavariationen von Birgit Kempker sowie
ein sonderbarer Kasus
"Als ich das erste Mal mit einem
Jungen im Bett lag war es Cornelius Busch...". Allerhand
konnte da geschehen und allerhand geschah gleichzeitig um
dieses eine Bett herum. Das Arsenal des Eros ist vielfältig.
Er droht und lockt und meuchelt und erfüllt, so dass
die Hingabe an ihn im Widerstreit der Gefühle aufgehoben
wird. Doch nur in diesem Widerstreit der Gefühle ist
die Lust ganz, ungeteilt.
In exakt 195 poetischen Variationen
und Aberrationen erkundet Birgit Kempker diesen magischen
Moment, in dem die Sexualität erstmals zum Blühen
kommt. Cornelius Busch ist dabei nicht der einzige Mitspieler.
Draussen vor der Tür wetzt die geile Anneliese die Messer,
zuhause beim Buschgeliebten lauert die Buschlisa mit ihrer
Eifersucht, und im Kopf der Erzählerin geistert der erste
Bettmann Marcus Anton Scott herum: "zuviel Leute für
Intimität ... eher wie im Schwimmbad".
Nicht genug der Unsicherheit. Cornelius
Busch ist ebensowenig eine klar umrissene Person wie seine
Bettgenossenschaft einen klaren Ablauf kennt. Das erzählende
Ich misstraut solcher Eindeutigkeit. Zugleich hinterfragt
es den Zauber dieser Initiation ins Reich des Eros: "ich
hatte eine so grosse Vorstellung davon in meinem Kopf, in
Sachen Bett bin ich in die Grösse meiner Vorstellung
davon bei der winzigen Kleinheit des Gegenstands dazu derart
hineinverloren, ins Liebesbett, in Kopfstrom, wie wenn die
Nadel den Busch klopft".
Das Zitat deutet an, dass Birgit Kempker
keine erzählende Prosa schreibt. Sie kreiert vielmehr
sprachliche Bilder, um dessen habhaft zu werden, was im Bett
mit Cornelius Busch und daneben und davor alles passiert.
Genauer passieren könnte, passieren müsste, passieren
würde. Und was eben gerade nicht passiert.
Ihre Prosa kringelt sich in zahllosen
Wiederholungen und betrachtet das eine ums andere Mal mit
dem Möglichkeitssinn neu. Auf diese Weise zersetzt sie
das initiale Betterlebnis sprachlich und setzt es verändert
zusammen. Überschäumend und eskalierend, lustvoll
und geübt in der Enttäuschung, neugierig und voller
Bange. Die "Organe mit diesem seltsam bestimmten Flatterschwimm-
und Flimmerorganhändchen" drohen aus ihrer Haut
zu fahren, wenn sie sich im Widerstreit des Begehrens auf
den Bettgeliebten "ekstasestarr richten im Kosmosschlamassel".
Eros, Sexualität und Liebe, demonstrieren
uns diese Prosavariationen, sind nicht nur in sich widersprüchlich,
von unterschiedlichen Trieben geleitet; sie sind wesentlich
auch Sprache. Nach Kräften hilft sie mit Worten und Bildern,
des Unbeschreiblichen habhaft zu werden.
Nachgerade in den siebziger Jahren,
auf die Kempker sich erinnernd bezieht, haben die ersten sexuellen
Erfahrungen noch machtvoll unter dem Eindruck dessen gestanden,
was die Hüter der Moral rechtschaffen darüber gedacht
und gesagt haben. Die schmutzige Phantasie findet in der Sprache
der Moral statt, derweil die Wirklichkeit damit oft nichts
zu schaffen hat. Indem sie dieses erste Mal mit Cornelius
Busch poetisch umgarnt, nimmt ihm Birgit Kempker den falschen
Zauber und gibt ihm die ungeteilte Lust zurück.
Diese Lust an Cornelius Busch, ihrer
flattrigen Titelfigur, hat sich für Birgit Kempker spätestens
in dem Moment geteilt, als ein wirklicher Cornelius Busch
von seiner Namensnennung Wind bekam und gleichsamdie literarische
Figur einklagte.
Nun wissen es alle: Cornelius Busch
heisst der Mann wirklich, mit dem Birgit Kempker in 200 Mal
poetisch das Bett teilte. Ein Essener Gericht hat ihm für
die 300fache Namensnennung jüngst 5000 DM Honorar zugesprochen
und der Autorin bei Bussandrohung von 500 000 DM jede weitere
Veröffentlichung des Buches verboten.
Die Literaturzeitschrift "Schreibhefte"
(Nr. 55) widmet diesem skurrilen Kasus Kempker, der zugleich
ein gefährlicher Präzedenzfall darstellt, einen
umfangreichen Schwerpunkt.
"Bis ein Mann, der mit einer Frau
im Bett lag, weggeübt ist, vergeht viele, für das
Üben unerspriessliche Zeit". Dieser Satz aus dem
Hörstück "Iwan steht auf" hat mit obigem
Urteil nichts zu tun, dennoch entgegnet er ihm auf wohl ungewollt
lakonische Weise. "Aufstehen ist für Giganten und
nicht, wenn dich einer zu sich nimmt." Iwan erfährt
es am eigenen Leib. Sich den "tintigen Morpheusarmen"
entwinden, in die blendende Sonne nicht nur blinzeln, sondern
sich ihr entgegen strecken, ist keine Leichtigkeit. Iwan drückt,
widersetzt sich, will nicht ins Erwachen wachsen, ins Erwachsen
wachen. So wird er von den Wortgirlanden Kempkers (beziehungsweise
der weiblichen Sprechstimme auf der CD) emporgezogen.
"Iwan steht auf" ist eines
von zwei neuen Hörstücken, die Birgit Kempkers neues
Buch (mit CD) nebst drei kurzen Rahmentexte vereint. Seinem
Aufstehen geht eine andere Übung voran, die im Ertrinken:
Ein Sprachspiel auf Englisch und Deutsch gegen die Angst vor
Hitchcocks Vögeln und Haien wie vor der Liebe und ihrer
Verlassenheit. Beide Texte, Sprachexperimente aus der innovativen
Küche von Kempker, sind als Hörstücke (für
Radio DRS 2) konzipiert und wirken aufs Ohr stärker.
Im Falle der "Übung im Ertrinken" decken sich
die beiden Fassungen denn auch nicht. Auf der CD erhören
wir den Text in kurze Sequenzen aufgegliedert und als eigentliches
Klangstück für mehrere Stimmen inszeniert.
Beat Mazenauer
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Sehnsucht im Hyperbett |
ISBN: 9783854207474
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Was hier fast ausschliesslich verwandelt wird, ist Sex. Es geht um nichts Kleines. Es geht um Paul&Paula, es geht um den Vater in der Tochter, es geht um Missbrauch und Liebe, es geht um Gesang und Ekstase statt um Sprechen und Diskursivität. Es geht um mystisches Erkennen, und das sieht manchmal wie Pornografie aus. Es geht um Prosa im Flattersatz, Gereimtes&Gerapptes. Es geht um den Punkt, von dem aus Es sich öffnet. Es ist die Bühne des Vaters, der sich ausspricht. Birgit Kempker verlangt nicht wenig vom Leser, von der Leserin allem voran dieselbe Offenheit, das Stimmenhören, die schnelle Beweglichkeit zwischen Sprachkonstruktion und Lebenskonstruktion, die auch ihre Texte aufweisen. Und dazu die Gewissheit, dass die Sexualität der Angelpunkt ist.
Birgit Kempker, Sehnsucht im Hyperbett : ein transverfickter Diskurs, Literaturverlag Droschl, 2008,
205 Seiten |
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Page créée le 01.08.98
Dernière mise à jour le 17.07.09
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