Um zu zeigen, wie schwierig es ist, jüdische Schicksale im 20. Jahrhundert nachzuerzählen, stellt Jacques Picard, Professor für jüdische Geschichte in Basel, mittels Recherchen und Dokumenten das Leben von Menschen dar, die als Verfolgte des Holocaust in die Schweiz flohen. Da ist der polnische Uhrenmacher Leon Reich, der Auschwitz überlebte und den es am Ende ins Uhrenland Schweiz verschlug, wo er seine Frau kennenlernte und schliesslich Besitzer eines weltweit erfolgreichen Uhrenzulieferbetriebs wurde. Der Philosoph Herrmann Levin Goldschmidt kam 1938 in die Schweiz, fand die Unterstützung seiner späteren Ehefrau, der Galeristin Mary Bollag, und war einer der Ersten, die sich philosophisch mit dem Holocaust auseinandersetzten. Ganz anders verlief das Schicksal von Ruth und Simche Schwarz-Hepner, die als Internierte in der Schweiz eine jiddische Theatertruppe gründeten, mit der sie nach dem Krieg auch in Frankreich Erfolg hatten, bis sie nach Lateinamerika weiterzogen. Picards Buch macht eindrucksvoll klar, was für eine schicksalbestimmende Rolle der Holocaust auch für jene jüdischen Menschen spielte, die ihn überlebten. (lins)
Jacques Picard, Gebrochene Zeit : jüdische Paare im Exil, Ammann, 2009.
Page créée le 11.06.10
Dernière mise à jour le
11.06.10
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