In der Westschweiz wurde unlängst eine neue Literaturzeitschrift
aus der Taufe gehoben. Das einmal im Jahr erscheinende Periodikum
«Feuxcroisés», das vom Service de presse
Suisse unter der redaktionellen Leitung von Jean-Luc-Badoux
herausgegeben wird, behandelt in französischer Sprache
Themen von gesamtschweizerischem Belang. Im Dossier der ersten
Nummer geht es um das literarische Übersetzen. Der im
Mai verstorbene Übersetzer Gilbert Musy beklagt, dass
heute allein kommerzielle Kriterien darüber entschieden,
ob ein Buch übersetzt werde. Hugo Loetscher kritisiert
das Fehlen einer kohärenten Übersetzungspolitik.
Manche Deutschschweizer Autoren -wie er selbst - seien in
der Westschweiz überhaupt erst durch die Publikation
in französischen Verlagen bekannt geworden. Dass die
Notwendigkeit
des Übersetzens auch ein Indiz
für die mangelnde Beherrschung der Landessprachen sei,
gehört für José Ribeaud zu den unausgesprochenen
Wahrheiten, welche die permanente Identitätskrise der
Schweiz alimentierten. Die Verbesserung der Sprachkompetenz
am Ende der Schulzeit sehen auch die Journalistin Christine
d'Anna Huber und die Freiburger Linguistin Claudine Bohy als
eines der dringlichsten bildungs- und zugleich sozialpolitischen
Desiderate. Beide plädieren für eine rasche Einführung
des Unterrichts in zwei Landessprachen nach dem Vorbild des
kanadischen Immersionssystems. Einen zweiten Schwerpunkt bilden
Porträts von Autorinnen und Autoren ausserhalb der Romandie,
die 1998 mit neuen Texten Aufsehen erregten: Zu ihnen gehören
Ruth Schweikert, Klaus Merz, Giovanni Orelli und der rätoromanische
Autor Leo Tuor. Kurzbesprechungen der wichtigsten Deutschschweizer,
Tessiner und rätoromanischen Neuerscheinungen des Jahres
1998 sowie neuer Übersetzungen ins Französische
bilden den informativen und nützlichen Schlussteil der
Zeitschrift.
Feuxcroisés, 1, 1999. Editions
Zoé, Genf. 272 S., Fr. 30.-.
Michael Wirth
Samstag, 09.10.1999
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Dernière mise à jour le 20.06.02
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