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Monique Schwitter
Wenn's schneit beim Krokodil. Erzählungen. Droschl Verlag, Graz 2005. 184 Seiten

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  Monique Schwitter / Wenn's schneit beim Krokodil

 

In den Erzählungen von Monique Schwitter wird gespielt, sehr ernst und auf hohem Niveau; ihre Personen wissen, dass sie spielen - auch wenn sie es ernst meinen. Sie können gar nicht anders: das Als-ob ist ihnen zur Notwendigkeit geworden, egal ob es um sexuelles Begehren geht oder um anderes, egal ob sie ihre eigene Ironie durchschauen oder nicht. Die Intelligenz, mit der Monique Schwitter diese ernsthaften und manchmal durchaus heftigen Simulationen transparent macht, ist so groß wie das Vergnügen, das die Lektüre bereitet.

Eine schonungslose und neugierige neue Erzählerin, und die Erzählungen sind ihre Sonden, mit denen sie das Unbekannte abtastet.
Diese Geschichten sind geschrieben mit einem unerbittlichen Auge für Situationen, in denen alles offen ist und aus denen noch alles werden kann, und mit dem scharfen Gehör für die Sätze, die Menschen im Offenen miteinander wechseln. Zwei junge Frauen auf einer Parkbank, eine Rotweinflasche, und zwischen ihnen ein offenes Schweizermesser.


Sie denken sich Indianernamen füreinander aus und die Frage »Sag mal, wieviel Erfahrung hast du eigentlich mit Frauen« hängt in der Luft. Oder: Eine Frau kehrt auf Weihnachtsurlaub in die Heimatstadt zurück; diesmal erwartet sie ein anonymer Brief mit einer Verabredung im Zoo, »wenn's schneit beim Krokodil, sonst beim Kamel«. Alle möglichen Absender passieren vor ihrem inneren Auge Revue - und damit auch alles, wofür ðHeimatÐ steht, ein ganzes »Erinnerungspaket« aus Kindheit, Jugendzimmer, Lehrerin, Männern. Oder: Eine Autofahrt mit einem fremden Mann in einem fremden Land, sie fotografiert durch die verschmierte Scheibe die Straße voller plattgefahrener Tiere, »soundsoviel Katzen, Frösche, Füchse, Marder, Vögel.«

Monique Schwitter, Schweizerin, Katholikin, abergläubisch, bewegte Jugend, Magistra, Schauspielerin, Vegetarierin, Hundehalterin, Autofahrerin, Drogenkonsumentin, gewaltbereit und liebesbedürftig, launenhaft aber unkompliziert, stets auf der Flucht, am liebsten Richtung Berlin. Scheint in Hamburg (St. Pauli) zu wohnen. Narbe neben der rechten Schläfe, tätowiert. Augen braun, Haare braun, 1,70 m, derzeit 62 kg (morgen bestimmt weniger), stark kurzsichtig. Trägt zur Tarnung Perücken, Brillen, Mützen; spricht ausgefallene Dialekte und 23 Fremdsprachen. Möglicherweise im Besitz einer Waffe.
Monique Schwitter erhielt für ihr Prosadebüt den Robert-Waldser-Preis 2006, eine Auszeichnung im Bereich Literatur (Halbes Werkjahr) der Stadt Zürich und den Preis der Marianne und Curt Dienemann-Stiftung Luzern.

Monique Schwitter, Wenn's schneit beim Krokodil. Erzählungen. Droschl Verlag, Graz 2005. 184 Seiten

  En bref et en français

Née en 1972, la Zurichoise Monique Schwitter entre sur la scène avec ce recueil de 15 nouvelles, très remarqué: plusieurs distinctions en attestent, parmi lesquelles le prestigieux Prix Robert Walser 2006.
Monique Schwitter met en scène des figures féminines très convaincantes, dans des scénarios à plusieurs strates, tragiques, comiques, quotidiens ou extraordinaires. Le charme particulier de ce livre vient de leur appétit de vie mêlé d'insécurité, d'une oscillation entre audace et retenue, et d'une langue imagée, vive, insolente et claire, riche en dialogues, capable d'exprimer des sentiments diffus et irritants. Ce qui arrive ne surprend pas seulement le lecteur, mais aussi les personnages, subitement amenés à prendre un rôle qui ne devrat pas leur revenir. La curiosité du lecteur est souvent laissée à elle-même, car les conclusions de ces histoires sont souvent omises par le texte lui-même.

(D'après l'article de Beat Mazenauer et la revuie de presse ci-dessous)

 

  Die Probe aufs Leben (Beat Mazenauer)


"Wenn's schneit beim Krokodil" erzählt von jungen Frauen, die sich ihren Platz im Leben suchen. Die 1972 in Zürich geborene Monique Schwitter, die zurzeit am Hamburger Schauspielhaus engagiert ist, legt damit ein vielversprechendes Erzähldebüt vor.

Wer wirklich beim Krokodil wartet, wenn's schneit, wissen wir auch nach der Lektüre der Titelerzählung nicht. Die Erzählerin reagiert lediglich auf eine anonyme Mitteilung: "Ich bin sicher dort. 1. Januar, neun Uhr. Wenn's schneit beim Krokodil, sonst beim Kamel." Doch auch sie weiss nicht, wem sie begegnen wird.

Auflehnung gegen das Warten

Unsere Neugierde wird in dieser Geschicihte also nicht gestillt. Wie auch in anderen Texten geht es Monique Schwitter vor allem um das Warten, um die Erregung vor einem unverhofften, unvorhersehbaren Ereignis. Ein solches hilft auch bestens über die eigene Ratlosigkeit und Unentschiedenheit hinweg.

Die Erzählerin der Titelgeschichte geht auf das rätselhafte Angebot ein und besteht so die Probe. In diesem Punkt unterscheidet sie sich von Wendel in "Wendel wartet", der seine Sorgen bloss auszusitzen versucht. "Meistens enden Wendels Gedankengänge damit. Dass es ganz in Ordnung ist, wie es ist." Wendel ist die männliche Ausnahme in diesem Band, in der sonst Frauen von sich berichten.

Wahrheit oder Lüge

Dieses erzählende Ich will sich nicht damit begnügen, das Leben einfach abzuwarten. Es will das Leben erproben, auskosten, auch auf das Risiko hin, fehlzugehen. In der Eingangsgeschichte "Wild erlegen" sitzen zwei Frauen auf einer Parkbank, in übermütiger Vertraulichkeit scherzend.

Wie beiläufig fragt die eine die Erzählerin, wieviel Erfahrungen sie mit Frauen habe, worauf diese sogleich zu kalkulieren beginnt: die Wahrheit sagen ("Keine") oder schwindeln und sich auf das ernste Spiel einlassen. Dass sie die zweite Möglichkeit wählt, eröffnet ihr eine neue Lebensmöglichkeit, die jedoch abermals aus dem Erzählrahmen fällt.

Was will ich denn?

Es ist diese Nähe von Zaudern und Wagemut, welche Monique Schwitters Geschichten ihren Reiz verleiht: das "sich wieder eine Entscheidung abringen müssen". Dabei geht es in erster Linie um den Prozess des Abwägens, nicht um dessen mögliches Resultat. "Ich weiss, was er sagen will, aber. Aber ich weiss nicht, was ich will."

Die Unsicherheit, die sich darin widerspiegelt, legt sich aus der Perspektive der Erzählerin auch über die Umwelt. Alles wirkt flüchtig, zerbrechlich, so dass die Behauptung ihrer selbst umso stärker ausfallen muss: "Was soll's, das ist ihre Geschichte, sage ich mir. Ich gehe jetzt und stricke weiter an meiner."

Knisternde Spannung

Monique Schwitter legt mit diesen 15 Geschichten ein Debüt vor, das durch kecke Sprachbilder und eine anziehende Klarheit imponiert, mit der diffuse, irritierende Gefühle subtil ausgedrückt sind. Das erzählerische Maskenspiel erzeugt eine unterschwellig knisternde Spannung, die von Text zu Text neu aufgebaut wird und am Ende doch immer wieder zerstäubt. Was übrig bleibt ist der vielleicht auch nur zaghafte Glaube, "dass noch nicht alles gesagt und gesehen und erlebt und getan worden ist".

Beat Mazenauer

 

  Revue de presse

Monique Schwitter debütiert mit einem rasanten Erzählband.
Samuel Moser
Neue Zurcher Zeitung

Das Spiel von Täuschung und Offenbarung, Annäherung und Zurückweisung prägt Monique Schwitters erotisierende Prosa.
Aus der Jurybegründung für den Robert-Walser-Preis 2006

Schwitter versetzt ihre Figuren mitten hinein in tragische oder komische, verstörende oder ganz alltägliche Situationen. Und was dort mit ihnen passiert, ist nicht nur für den Leser überraschend. Denn wie Schauspieler schlüpfen sie plötzlich in Rollen, die nicht die ihren sind und werden von den Ereignissen mitgerissen. (Brigitte)

Zart und behutsam balanciert die Autorin zwischen zerbrechlichen Momenten und abgründigen Erlebnissen. Monique Schwitter glänzt in ihrem Debütband als smarte Beobachterin. Mit wenig Pathos aber viel Gefühl für Details.
Astrid Schwarz
Ö1 ex libris

Monique Schwitters Texte sprechen eine munter-freche, dem Slang junger Menschen nachgebildete, stark dialogische Sprache, sie wirken direkt und unmittelbar und stecken jenseits aller selbstverliebten Larmoyanz ein breites Themenspektrum ab.
Charles Linsmayer
Weltwoche

Monique Schwitter erzählt zupackend, vielschichtig und mit Humor.
Christine Lötscher
Tages-Anzeiger

 

Page créée le: 01.02.06
Dernière mise à jour le: 01.02.06

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