Die in Zürich lebende Melinda Nadj Abonji erhält für ihren Roman "Tauben fliegen auf" den Deutschen Buchpreis 2010. Damit ist sie die erste Schweizer Autorin, die mit dieser Auszeichnung geehrt wird.
Unlängst noch rieben sich die deutschen Feuilletonschreiber die Augen und fragten sich, wie es diese unbekannte Autorin auf die Auswahlliste geschafft habe. Nun werden sie sich in aller Ruhe mit Melinda Nadj Abonji befassen können. Sie hat die Auszeichnung überraschend, aber mit guten Gründen erhalten.
Melinda Nadj Abonji kam 1968 in der serbischen Vojvodina zur Welt, als Mädchen emigrierte sie mit ihren Eltern in die Schweiz. Zwei Heimaten und zwei Freiheiten. Auf diesen Erfahrungen basiert ihr zweiter Roman "Tauben fliegen auf". Die Erzählerin Ildikó Kocsis erzählt Geschichten aus der Emigration und im Wechsel damit Anekdoten aus der alten Heimat in der Vojvodina.
In der Schweiz hat die Familie Koscis ihr Glück gefunden. 1993 eröffnet sie in ihrem Dorf ein eigenes Café. Bis dahin aber war es für die Eltern Rosza und Miklós ein langer Weg, der Kraft, Geduld und Demut erfordert hat. Die beiden Töchter Nomi und Ildikó helfen mit im Betrieb, doch sie streben nach ihrer eigenen Freiheit. Sie wollen sich nicht länger als Ausländer beschimpfen und demütigen lassen.
Lebhaft, farbig, mit Witz und stilistischer Souplesse erzählt Melinda Nadj Abonji von diesen zwei Aspekten einer erfolgreichen Emigration und Integration. Die Autorin erweist sich dabei als virtuose Stilistin, die erzählerische Anschaulichkeit in eine musikalisch äusserst biegsame Form zu bringen versteht. Sie versteift sich nicht aufs Nacherzählen, sondern arbeitet subtil eine rhythmische Struktur heraus, die sich trotz allem leicht liest.
Melinda Nadj Abonji: Tauben fliegen auf. Roman. Jung und Jung, Salzburg / Wien 2010. 316 Seiten.
Page créée le 14.10.10
Dernière mise à jour le
07.07.11
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