Verborgene Spiele
Hanspeter Freuler ist ein erfolgreicher
Jurist. Er hat in Washington gearbeitet und zuletzt auch
in Brüssel. Auf seine alten Tage hin ist er nun nach
Glarus zurückgekehrt. Sein Schulfreund Schümperli
hat ihn für das Amt des Untersuchungsrichter gewinnen
können. Doch Freuler erhält kaum Zeit, sich wieder
an "Beggeli", Landsgemeinde und andere Glarner
Spezialitäten zu gewöhnen. Hinten im Lintthal
wird der Industrielle Heinrich Voser tot aufgefunden.
Die Untersuchung am Tatort scheint
auf Selbstmord hinzudeuten. Seit sich Voser in einer alten
Villa aufs gut gepolsterte Altenteil setzte, machte er kaum
viel Aufhebens von sich. Er hielt sich still, derweil sein
Sohn meist in London pokerte und viel Geld verlor, und die
Tochter erfolgreich im Unternehmen zum Rechten schaute.
Nur wenige Menschen, allen voran der Jäger Hämmerli,
pflegten regelmässigen Kontakt mit ihm. Ein paar Vereine
durften aber auf seine groszügige Gönnerschaft
zählen.
Gerade dieses diskrete und unspektakuläre
Beziehungsnetz erregt den Argwohn Freulers. Ist der Präsident
des Jagdvereins etwa scharf auf Vosers Pachtgebiet? Und
was hat der Lokaljournalist mit der Tochter zu schaffen?
Freuler ist gewarnt, er will sich nicht durch Kumpanei von
seinem Verdacht ablenken und dem Fall auf den Grund gehen,
unterstützt vom Gerichtsschreiber Stüssy.
Sucht einer nach einem Verdacht,
sind in seinen Augen bald alle verdächtig. "So
fremd wie das Bekannte kann das Unbekannte nie werden",
zitiert Monioudis als Motto die Dichterin Ilse Aichinger.
Freuler scheint dies zu wissen, und geht mit entsprechender
Vorsicht an den Fall heran. Er traut den vorschnellen Erklärungen
nicht - doch liegt er damit richtig?
Der Einstieg in seinen Kriminalroman
ist Perikles Monioudis nicht restlos geglückt. Die
Geschichte kommt nur langsam in Gang. Etwas gar ausgeprägt
wird sie durch die beflissene Aufzählung glarnerischer
Eigenheiten und Sehenswürdigkeiten aufgelockert.
Der Roman gewinnt erst an Dynamik und an erzählerischer
Stringenz, als das Netz der Verdachtsmomente allmählich
dichter wird und allerhand Täter ein mögliches
Tatmotiv haben könnten. Die Einsamkeit im Glarner Hinterland
wählte Heinrich Voser einigermassen zufällig,
die Umgebung war ihm zuvor nicht vertraut. Umso leichter
könnte sein Geld die Gier eines Einheimischen geweckt
haben.
Vosers Hauptsorge galt seinen beiden
Kindern. Er sah, wie Thomas sein Leben als Spieler vertat,
zu anderem Tun war dieser völlig ungeeignet. Weshalb
verunfallt er? Und die tatkräftige Veronika hat ihm
sein Unternehmen früher als ihm lieb war aus den Händen
genommen und mit Erfolg weiter geführt. Stand er ihr
im Weg?
Am Ende löst Freuler den Fall,
auf eine Weise, die von Monioudis raffiniert und klug eingefädelt
wird. So bleibt sein Roman trotz anfänglicher Stockungen
als rätselhaftes Buch in guter Erinnerung.
Beat Mazenauer
Perikles Monioudis: Freulers Rückkehr.
Roman. Nymphenburger Verlag, München 2005. 260 Seiten
Page créée le: 09.09.05
Dernière mise à jour le: 09.09.05
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