Was fasziniert den Wörtermenschen Mettler an Gemälden? Die Wesensverwandtschaft zwischen Betrachten und Beschreiben. Es handelt sich in beiden Fällen um einen Akt der Entfaltung, denn erst der wandernde Blick erfährt, was das Bild alles darbietet. Wobei sich in jedem Bild ein blinder Fleck verbirgt, der erst durch die sprachliche Gestaltung Sichtbarkeit gewinnt. Mettlers Bildtexte sind damit alles andere als ein Nacherzählen dessen, was man bereits sieht. Vielmehr sind sie der Versuch, den Bildern in der Sprache ein neues, erweitertes Leben zu geben: «Im Entwicklerbad der Imagination pflanzen sich die Bilder fort.» Ob weltberühmte Gemälde wie Gustave Courbets Portrait de l’artiste, dit Le désespéré (1844/1845) oder Zeichnungen von Adolf Wölfli und Max Matter, Ölgemälde von Goya und Vincent van Gogh oder ein Farbholzschnitt von Ernst Ludwig Kirchner, immer macht sich Mettler auf die Suche nach dem Punkt, wo der Blick aus dem Bild jenen des Betrachters berührt. Entstanden sind auf diese Weise achtzehn kurze schöne Texte, die ihrerseits bei der Lektüre zu Bildmeditationen einladen. (berg)
Michel Mettler, Der Blick aus dem Bild : von Gemaltem und Ungemaltem, Insel-Verlag, 2009. Page créée le 14.04.06
Dernière mise à jour le
10.06.10
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